Gestaltungsorientierte Wirtschaftsinformatik (Teil 2 von 2)

Im ersten Teil dieses Doppelartikels über die gestaltungsorientierte Wirtschaftsinformatik haben wir die diesen Forschungsansatz definiert und erläutert, wie er sich von der behavioristischen Wirtschaftsinformatik unterscheidet. Wir haben auch die Bedeutung der gestaltungsorientierten Wirtschaftsinformatik für Unternehmen und die Wissenschaft diskutiert.

Im zweiten Teil werden wir uns auf die Herausforderungen und Kritik und einen Zukunftsausblick der gestaltungsorientierten Wirtschaftsinformatik konzentrieren und ein zusammenfassendes Fazit ziehen.

Herausforderungen und Kritik

In jedem wissenschaftlichen Ansatz gibt es Herausforderungen und Kritikpunkte, und die gestaltungsorientierte Wirtschaftsinformatik ist keine Ausnahme. Obwohl sie sich als nützlich erwiesen hat, um praktische Lösungen für komplexe Probleme im Bereich der Wirtschaftsinformatik zu entwickeln, hat sie auch einige Schwierigkeiten und Kritik erfahren. Im Folgenden werden wir uns mit einigen dieser Herausforderungen und Kritikpunkte auseinandersetzen, die die gestaltungsorientierte Wirtschaftsinformatik betreffen. Wir werden auch darauf eingehen, wie die Forscher und Praktiker der Wirtschaftsinformatik damit umgehen.

Akzeptanz in der Wissenschaft

Die gestaltungsorientierte Wirtschaftsinformatik hat in der Wissenschaft nicht nur Zustimmung erfahren, sondern auch kritische Stimmen auf sich gezogen. Insbesondere die Akzeptanz dieser Forschungsrichtung in der internationalen Wirtschaftsinformatik-Szene ist noch verbesserungswürdig, da sie sich vorwiegend auf den deutschsprachigen oder bestenfalls europäischen Raum beschränkt.

Dennoch gibt es auch zahlreiche Befürworter der gestaltungsorientierten Wirtschaftsinformatik, darunter auch bedeutende Vertreter der Wissenschaft. So wurde 2008 von Jörg Becker ein Plädoyer für die gestaltungsorientierte Wirtschaftsinformatik veröffentlicht, das von einer großen Zahl an renommierten Professoren der Wirtschaftsinformatik unterzeichnet wurde1Vgl. Becker, J. (2008). Ein Plädoyer für die gestaltungsorientierte Wirtschaftsinformatik. In: Jung, R., Myrach, T. (eds) Quo vadis Wirtschaftsinformatik? Gabler. https://doi.org/10.1007/978-3-8349-9855-2_1. Es wird darin argumentiert, dass diese Forschungsrichtung ein wichtiges Instrument für die Lösung realer Probleme darstellt und somit von großer Bedeutung für Unternehmen und Gesellschaft ist.

Schwierigkeiten bei der Übertragbarkeit von Ergebnissen

Auch wenn eine Studie der gestaltungsorientierten Wirtschaftsinformatik erfolgreich durchgeführt wurde und zu vielversprechenden Ergebnissen führt, kann es schwierig sein, diese Ergebnisse auf andere Projekte, Organisationen oder Branchen zu übertragen. Die Kontextabhängigkeit von Gestaltungswissenschaften stellt hier eine Herausforderung dar, da jedes Unternehmen und jeder Anwendungsfall einzigartig ist. Es ist daher schwierig, allgemeingültige Aussagen zu treffen und Ergebnisse auf andere Kontexte zu übertragen. Um dennoch einen gewissen Nutzen zu erzielen, ist es notwendig, die Ergebnisse in ihren Kontexten und Besonderheiten zu beschreiben und zu interpretieren.

Eine Möglichkeit, die Übertragbarkeit von Ergebnissen zu verbessern, ist die Erhöhung der Transparenz und Replizierbarkeit von Studien. Wenn Gestaltungswissenschaftler ihre Methoden und Ergebnisse genau beschreiben und dokumentieren, können andere Forscher die Studie replizieren und prüfen, ob die Ergebnisse auch in ihrem Kontext relevant sind. Außerdem kann die Verwendung von standardisierten Methoden und Frameworks die Übertragbarkeit verbessern, da sie eine einheitliche Grundlage für Studien schaffen und den Vergleich von Ergebnissen erleichtern.

Kritik an der Vernachlässigung von theoretischen Grundlagen

Eine Kritik an der gestaltungsorientierten Wirtschaftsinformatik ist ihre Vernachlässigung theoretischer Grundlagen und die Fokussierung auf praktische Anwendungen. Wissenschaftler und Kritiker bemängeln, dass die gestaltungsorientierte Wirtschaftsinformatik eine rein anwendungsorientierte Forschungsrichtung darstellt und daher wissenschaftliche Theorien vernachlässigt werden. Dies könnte dazu führen, dass es zu wenig Fortschritt in der Wissenschaft gibt und dass die Praxis nicht in der Lage ist, moderne Entwicklungen umzusetzen.

Allerdings argumentieren Befürworter der gestaltungsorientierten Wirtschaftsinformatik, dass diese Kritik an ihrer Forschungsrichtung ungerechtfertigt ist. Sie betonen, dass die gestaltungsorientierte Wirtschaftsinformatik sehr wohl auf wissenschaftliche Theorien und Methoden aufbaut, jedoch einen anderen Schwerpunkt setzt als andere Forschungsrichtungen. Es gehe nicht darum, die Bedeutung von Theorie und Methodik zu verneinen, sondern sie in den Dienst der praktischen Anwendbarkeit von Lösungen zu stellen.

Zukunftsausblick

Die gestaltungsorientierte Wirtschaftsinformatik hat in den vergangenen Jahren immer mehr an Bedeutung gewonnen. Auch in Zukunft wird sie eine entscheidende Rolle spielen. Technologische Entwicklungen wie KI, IoT oder Blockchain stellen Unternehmen vor neue Herausforderungen und eröffnen zugleich neue Potenziale. Die gestaltungsorientierte Wirtschaftsinformatik kann dabei helfen, diese Herausforderungen zu meistern und die Potenziale bestmöglich auszuschöpfen.

Potenziale und Herausforderungen für die zukünftige Entwicklung der gestaltungsorientierten Wirtschaftsinformatik

Die gestaltungsorientierte Wirtschaftsinformatik befindet sich in einem stetigen Entwicklungsprozess und es gibt viele Potenziale und Herausforderungen für ihre zukünftige Entwicklung. Eines der Potenziale ist die Möglichkeit, die gestaltungsorientierte Wirtschaftsinformatik noch stärker in die Praxis zu integrieren. Dadurch könnte die Anwendbarkeit und Wirksamkeit der Forschungsergebnisse erhöht werden. Dies kann durch eine engere Zusammenarbeit mit Unternehmen und Forschungsinstituten erreicht werden. Auch eine verstärkte Verbreitung von praxisrelevanten Publikationen aus der Wissenschaft heraus kann dieses Ziel unterstützen.

Eine Herausforderung ist die kontinuierliche Anpassung der gestaltungsorientierten Wirtschaftsinformatik an neue Technologien und Trends. Die rasante Entwicklung von Technologien wie KI, IoT oder Blockchain stellt die Wissenschaft und Praxis vor neue Herausforderungen. Sie bietet gleichzeitig neue Möglichkeiten für die gestaltungsorientierte Wirtschaftsinformatik. Eine zukunftsfähige Weiterentwicklung der gestaltungsorientierten Wirtschaftsinformatik erfordert daher eine offene und agile Forschungskultur, die schnell auf Veränderungen reagieren kann.

Fazit

Es kann festgehalten werden, dass die gestaltungsorientierte Wirtschaftsinformatik einen wichtigen Beitrag zur Praxis und zur Wissenschaft der Wirtschaftsinformatik leistet. Durch die Fokussierung auf die praktische Anwendung und die enge Verknüpfung mit der Unternehmenspraxis können relevante Forschungsergebnisse erzielt werden, die unmittelbar in Unternehmen und Organisationen Anwendung finden können. Gleichzeitig ist die gestaltungsorientierte Wirtschaftsinformatik jedoch auch mit Herausforderungen konfrontiert, die es zu berücksichtigen gilt. Ein wichtiger Faktor für die zukünftige Entwicklung der gestaltungsorientierten Wirtschaftsinformatik wird deshalb sein, diese Herausforderungen anzunehmen und zu bewältigen. Nur so kann sie weiterhin einen praxisnahen und relevanten Beitrag zur gesamten Wirtschaftsinformatik zu leisten.

Zusammenfassung der wichtigsten Erkenntnisse

Die gestaltungsorientierte Wirtschaftsinformatik ist eine Forschungsrichtung, die den Fokus auf die praxisorientierte Entwicklung von IT-Systemen legt. Sie verbindet dabei betriebswirtschaftliche und informationstechnologische Aspekte und bezieht die Anwender und die organisatorischen Kontexte mit ein.

Die wichtigsten Erkenntnisse aus dieser Arbeit sind, dass die gestaltungsorientierte Wirtschaftsinformatik ein vielversprechender Ansatz für die praxisorientierte IT-Entwicklung darstellt. Insbesondere die Verbindung von wissenschaftlicher Forschung mit praktischer Umsetzung und die Einbeziehung der Anwender und organisatorischen Kontexte sind entscheidende Erfolgsfaktoren. Dabei können die Methoden der Design Science Research und der Aktionsforschung helfen, praktische Herausforderungen zu identifizieren und gezielte Lösungen zu entwickeln.

Ausblick auf weitere Entwicklungen und Anwendungsmöglichkeiten

Die gestaltungsorientierte Wirtschaftsinformatik wird auch in Zukunft eine bedeutende Rolle spielen und weiter an Bedeutung gewinnen. Neue Technologien wie Blockchain, künstliche Intelligenz und Machine Learning sowie das Internet der Dinge bieten eine Vielzahl von neuen Anwendungsmöglichkeiten und Herausforderungen, die durch die gestaltungsorientierte Wirtschaftsinformatik angegangen werden können.

Zukünftig wird die gestaltungsorientierte Wirtschaftsinformatik meiner Meinung nach auch eine größere Rolle in der akademischen Ausbildung von IT-Fachkräften spielen. Es ist wichtig, dass angehende Wirtschaftsinformatiker nicht nur theoretisches Wissen erwerben, sondern auch praktische Erfahrungen im Umgang mit realen Anwendungsproblemen sammeln. Hier bietet die gestaltungsorientierte Wirtschaftsinformatik einen idealen Ansatz, um die Lücke zwischen Theorie und Praxis zu schließen.

Fußnoten

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Über mich

Mein Name ist Wolf Rasmussen, ich bin 31 Jahre alt und als Wirtschaftsinformatiker Berater für Digitalisierungsthemen. Mein Schwerpunkt liegt auf Prozessmanagement, meine Interessen liegen darüber hinaus auch in den Bereichen Strategie und Management.

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